Tätigskeitsbericht 2020
Schlichtungsspruch 8
Abwicklung
Der Schlichtungsantrag hat keinen Erfolg.
Der Antragsteller unterhält bei der Antragsgegnerin (nachfolgend: Bank) ein Depot, in dem sich Aktien der Wirecard AG (WKN 747206) befanden. Nachdem am 18.06.2020 der Bilanzskandal um Wirecard publik geworden war, hat er um 10:39:45 Uhr die Aktien mit dem Orderzusatz Stopp-Limit 98,– € / 92,– € am Börsenplatz XETRA zum Verkauf gestellt. Die Order wurde um 10:44:01 Uhr bei einem Marktkurs zwischen 97,96 € und 95,10 € mit den genannten Daten ausgelöst. Im Handel kam es zu dem Auslösungszeitpunkt infolge der damaligen aktuellen Volatilität zu einer Handelsunterbrechung, die bis 10:52:05 Uhr andauerte. Die Kursfeststellung lag zu diesem Zeitpunkt bei 70,– €. Der Limitkurs wurde nicht mehr erreicht, so dass die Orderausführung unterblieb. Der Antragsteller verlangt Ersatz seines Schadens, ohne diesen allerdings zu beziffern. Ergänzend trägt er vor, ein manuelles Eingreifen sei nicht möglich gewesen, und verweist wegen unterbliebener Versuche telefonischer Kontaktaufnahme darauf, dass alle Leitungen dauerbelegt waren. Er habe deshalb keine Möglichkeit gehabt, die Aktien wenigstens zu dem Kurs von 70,– € zu veräußern. Die Bank lehnt die Forderung ab und trägt vor, eine manuelle Ausführung sei noch bis 11:04 Uhr möglich gewesen, und verweist darauf, dass eine telefonische Kontaktaufnahme nicht feststellbar sei.
Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu, da eine Pflichtverletzung der Bank, aus der die – bisher nicht bezifferte – Forderung resultieren könnte, nicht vorliegt. Die Bank hat in ihrer Stellungnahme die seinerzeitigen Umstände ausführlich geschildert, wie ich es oben komprimiert ausgeführt habe. An der Behandlung der Order seitens der Bank ist nichts auszusetzen. Die Handelsaussetzung liegt nicht im Verantwortungsbereich der Bank, sondern der Börse. Es liegt für mich auf der Hand, dass Ordern auch bei einer elektronischen Börse in der Reihenfolge des Eingangs „abgearbeitet“ werden, falls sie sich aufgrund kurzfristiger Entwicklungen stark häufen. Damit erklärt sich die Nichtausführung zwischen 10:39 Uhr und 10:44 Uhr.
Der Antragsteller moniert auch, dass er weder manuell noch telefonisch seine Order habe modifizieren können, so dass ihm ein Verkauf auch zu einem Kurs in der Nähe von 70,– € nicht möglich gewesen sei. Auf dem zuerst genannten Weg hat der Antragsteller es nach seiner Darstellung versucht. Anders verhält es sich bei dem telefonischen Weg. Hier verstehe ich ihn dahin, dass er es wegen der schlechten Erfahrungen bei solchen Kontaktversuchen gar nicht erst unternommen hat. Ich lasse das aber dahingestellt und will manuelle Versuche unterstellen. Auch dann sehe ich keine Pflichtverletzung der Bank. Die seinerzeitige Situation in Verbindung mit den vom Antragsteller geschilderten Umständen lässt nach meiner Ansicht nicht den Schluss auf Unzuträglichkeiten im Zusammenhang mit dem Zugang zu den Systemen der Bank zu. Es waren ganz außergewöhnliche Umstände, die zwar nicht auszuschließen, deren Eintreffen aber doch nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit aufweist. Darauf muss sich mit seinen personellen und sachlichen Vorkehrungen niemand einstellen. Es wird immer wieder dazu kommen, dass sich infolge des „Andrangs“ in solchen Situationen gewisse zeitliche Verzögerungen bei der Ausführung der Ordern ergeben.